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Wissenschaften

Ärztliche Kommunikation – Praxisbuch zum Masterplan Medizinstudium 2020

Autor*in:Jana Jünger (Hrsg.)
Verlag:Schattauer-Verlag, Stuttgart 2018, 687 Seiten
Rezensent*in:Gerhard Danzer
Datum:15.12.2018

Wer je sich der Mühe unterzogen hat, ein etwas voluminöseres Lehrbuch mit mehreren Beiträgern herauszugeben, wird die Leistung honorieren können, die Jana Jünger, ihres Zeichens Psychosomatikerin, Fachärztin für Innere Medizin und von 2016 bis 2021 Direktorin des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) in Mainz, mit vorliegendem Buch gelungen ist. Weit über einhundert Beiträger konnte Frau Jünger gewinnen, ihre Gedanken zu einem Generalthema der Medizin des 21. Jahrhunderts zu Papier zu bringen: die Kommunikation zwischen Patienten, Angehörigen, Ärzten, Kollegen, Pflegenden und vielen weiteren, an der Humanmedizin direkt oder indirekt Beteiligten. Seit Jahrzehnten findet dieses Thema in der Aus- und Weiterbildung von Ärzten, Pflegenden, Krankengymnasten und anderen im Medizinalsystem Tätigen seine Erwähnung – allerdings in der Vergangenheit meist zu Beginn oder am Ende von Kongressen als Zugabe im Abendprogramm oder als pflichtschuldiger Curricular-Aspekt, der unter dem Buchstaben K abgehandelt wurde. Dementsprechend groß waren und sind bisweilen die kommunikativen Unbeholfenheiten einzelner Ärztinnen und Ärzte.

In Jana Jünger hatte das IMPP in Mainz bis 2021 eine Direktorin, die es mit der ärztlichen Kommunikation ernst meint. Hinzu kommt, dass der 2017 verabschiedete Masterplan Medizinstudium 2020 neben vielen anderen Veränderungen der ärztlichen Ausbildung auch ein merkliches Gewicht auf die systematische, breit angelegte Schulung und Bildung angehender Ärztinnen und Ärzte hinsichtlich ihrer kommunikativen und – umfassender ausgedrückt – psychosozialen Kompetenzen legt. Diesbezüglich ergänzen sich die gesundheitspolitische Großwetterlage sowie die konkrete Person Jana Jünger ziemlich günstig. Ärztliche Kommunikation gehört – geistesgeschichtlich betrachtet – in den Bereich der Rhetorik, der zumindest in der Antike bedeutend mehr umfasste als lediglich verbale und nonverbale Gesprächsanteile. Pathos (wie wird kommuniziert), Logos (was wird kommuniziert) und Ethos (wer, also welche Person kommuniziert) waren die drei Säulen, auf denen sich eine gelungene Rede erst entfalten konnte. Vor allem der Begriff Ethos verdeutlicht, dass ärztliche Kommunikation neben vielen Detail-Aspekten, die eingeübt und als Kompetenzen erworben werden können, jeweils von Individuen mit mehr oder minder differenzierten personalen Qualitäten verwirklicht wird.

Diese Dimension der ärztlichen Kommunikation ist implizit in vielen Beiträgen des vorliegenden Buches enthalten – an manchen Stellen wird auch explizit darauf hingewiesen. Hätte Jana Jünger als Herausgeberin auch noch die Person der Ärztin und des Arztes thematisch umfassend abgehandelt, wären wohl etliche Hundert Manuskriptseiten zu den bereits vorhandenen hinzugekommen. So dürfen wir uns als Leser wünschen, dass sie bald einen zweiten Band konzipiert, der sich dem Thema Person und Personalität von im Medizinalsystem Tätigen widmet, und der ebenso wie die Ärztliche Kommunikation im Schattauer-Verlag publiziert wird, dem ein solcher Band bestens zu Gesicht stünde.